By | 5. Juli 2016

Das Angebot an Content-Formaten wächst. Viele Unternehmen fiele es schwer, herauszuarbeiten, welche Inhalte sie wirklich benötigen, sagt Miriam Löffler. Sie ist als freie Beraterin, Seminar-Leiterin und Coach im Bereich Content Marketing nicht mehr wegzudenken. Ihr Bestseller „Think Content!“ war das erste Buch zum Thema Content Strategie und Content Marketing im deutschsprachigen Raum. Wir haben mit ihr über den aktuellen Stand von inhaltsgetriebenem Marketing und die Wichtigkeit von Text für die Online-Sichtbarkeit gesprochen.

Wie weit sind deutsche Unternehmen beim Thema Content Marketing?

Miriam Löffler: Vielfach noch ganz am Anfang. Sie stecken sozusagen in der Trainingsphase. Damit meine ich, dass viele Unternehmen, mit denen ich spreche, gerade mit dem Thema Teamaufstellung sowie mit der Strategie-Entwicklung beschäftigt sind: Wie können alte und neue Abteilungsstrukturen zusammenwachsen? Welches Know-how muss aufgebaut werden? Welche Verantwortlichkeiten gibt es in welchen Abteilungen künftig? Welche Tools werden benötigt und welche Prozesse im Bereich Content-Management fehlen? Was will unsere Zielgruppe? Was wollen wir? Was machen wir bereits? Welcher Content fehlt? Usw.

Was sind die größten Herausforderungen beim Content Marketing?  

Miriam Löffler: Zunächst einmal die Teamaufstellung – sozusagen „La Mannschaft“ des Content-Marketing aufzubauen und den passenden Teamchef zu besetzen. Des Weiteren fällt es vielen Unternehmen schwer, herauszuarbeiten, welche Inhalte sie wirklich benötigen. Das Angebot an Content-Formaten und Seeding-Content Marketing Expertin Miriam LöfflerMöglichkeiten wächst ständig – insofern besteht die Gefahr, dass man den Content-Wald vor lauter Inhalten nicht mehr sieht und den Überblick verliert.

Außerdem tun sich viele Firmen schwer damit, eigene Wege zu bestreiten und auch mal Mut bei der Entwicklung von Inhalten zu zeigen. Viele wollen immer nur Cases sehen, die ihnen bestätigen, dass Content-Marketing funktioniert. Dabei wäre es durchaus sinnvoll, Gedanken und Ideen zu entwickeln, die aus eigenen Storys entstehen (Produktgeschichten, Firmengeschichten, Anwendergeschichten, Mitarbeiterstorys usw.). Dafür müssen die Mitarbeiter wieder näher an ihre Produkte, ihre Zielgruppe und ihre Firma heranrücken. Denn wie soll man Ideen für ein Produkt entwickeln, das man selbst gar nicht zu 100 % kennt oder versteht?

Eine weitere zentrale Herausforderung lautet: Wissensaufbau! Und zwar in folgenden Bereichen:

  • digitales Content-Management
  • Zielgruppen-Wissen
  • crossmediale Kommunikations-Formate und -Kanäle
  • Content-, Website- und Marketing-Performance
  • Firmen-, Branchen- und Produktwissen

Um aus der Masse an Informationen herauszustechen, muss relevanter Content produziert werden. Würden Sie das so unterschreiben? Und was genau ist eigentlich relevanter Content?

Miriam Löffler: Was relevant ist, entscheidet die Zielgruppe. Content muss ein Bedürfnis befriedigen, wie zum Beispiel:

  • Wissensvermittlung
  • Problemlösung
  • Hilfestellung
  • Unterhaltung, Zerstreuung, Ablenkung
  • Verständnis
  • Aufmerksamkeit und Anerkennung
  • Nähe zur Marke

Dabei geht es nicht immer nur darum, einmalig aus der Masse herauszustechen. Das Markenbild einer Firma wird an jedem Punkt geformt, an dem es zum Kundenkontakt kommt. Ein Unternehmen muss an jedem einzelnen Punkt überzeugen und nicht nur einmal mit einer lauten Content-Idee auffallen. Wenn ein User über einen tollen Artikel oder ein Video auf ein Unternehmen aufmerksam, danach jedoch auf der Website des Unternehmens falsch abgeholt wird, dann war der vorherige Content zwar relevant, aber der Content an der nächsten Kontaktstelle hat versagt. Oder stellen Sie sich vor: Ein Kunde führt auf einer Messe ein tolles Verkaufsgespräch mit einem Unternehmen, ruft später auf der Rückfahrt im Zug die Website des Unternehmens auf dem Smartphone auf, um sich weiter über das Firmenangebot sowie deren Produkte zu informieren – und…bekommt eine Krise! Und zwar, weil er nichts findet, die Produktpräsentation spärlich ist, der Content im Smartphone unübersichtlich ausgespielt wird oder sich ihm ein verheerendes Bild bietet, wenn er auf die Facebook-Seite der Firma geht oder den Firmenblog aufruft. Jeder Eindruck zählt – alle zusammen formen sich zu einem Gesamtbild über das Unternehmen. Daher brauchen wir nicht nur laute Inhalte oder vereinzelt relevanten Content, sondern eine klare, einheitliche Content-Strategie, die das Unternehmen an jedem Kontaktpunkt perfekt repräsentiert.

Welche Content-Formate funktionieren am besten? Was sind Ihre Erfahrungen?

Miriam Löffler: Nicht das Format ist entscheidend, sondern die Aussage. Mal kommt ein Video gut an, dann wieder ein Artikel oder eine sinnvolle Infografik. Die Frage ist auch, was genau funktionieren soll. Für die Online-Sichtbarkeit ist Text immer noch wichtig, und je nach Alter gibt es unterschiedliche Inhalts-Präferenzen. Ich bin beispielsweise in den meisten Fällen kein Fan von Videos – zum einen, weil oft spamartige Werbung vorab läuft, und zum anderen, weil ich genötigt werde, das Video minutenlang anzusehen, obwohl ich mich nur für einen Teil der präsentierten Informationen interessiere. Manchmal möchte ich einfach einen Text als Alternative, um schnell das herauszupicken, was ich wirklich brauche. Wenn Sie jetzt aber jemanden fragen, der 20 Jahre jünger ist als ich, bekommen Sie vielleicht eine komplett andere Antwort.

Virale Spaßvideos wiederum schaue ich auch gerne mal an – als Content-Fast-Food…

Sie sehen: Eine pauschale Antwort zu bevorzugten Content-Formaten ist schwierig. Text wird immer wichtig sein, alles andere sollte man pro Thema, Anlass, Zielgruppe und Umfeld anhand von strategischen Zielen, Learnings und mit dem Mut zum Trial-and-Error festlegen.

Wie können Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der digitalen Welt nachvollziehbar gebildet werden?

Miriam Löffler: Ganz einfach: Authentizität, leichte Content-Zugänglichkeit, starke Sichtbarkeit, perfekte Usability auf allen Endgeräten, Barrierefreiheit, Content-Klasse statt Content-Masse, positive Markenpräsenz (auch crossmedial) sowie die richtige Tonalität im Umgang mit den Kunden (angefangen von der Website-Kommunikation über die Social-Media-Präsenz bis hin zur E-Mail-Kommunikation).

Wie wird sich Content Marketing Ihrer Meinung nach in Zukunft weiterentwickeln?

Miriam Löffler: Es wird immer wieder neue Formate und neue Kanäle geben. Wir werden agiler auf die Möglichkeiten der Kundenkommunikation reagieren müssen. Content-Marketing wird weiter eine Möglichkeit sein, mit Kunden in den Dialog zu treten und den eigenen Online-Markenaufbau voranzubringen – vorausgesetzt, ein Unternehmen vernachlässigt seine strategischen Hausaufgaben nicht und bringt die notwendigen Ressourcen und Prozesse für ein nachhaltiges Content-Marketing an den Start.

Original Article: trustedreferences.de